Angkor, der Stolz Kambodschas
Zwei Monate und 27 Tage nachdem wir aus Wien aufgebrochen sind, standen wir um 05:30 bereit, um die Sonne über Angkor Wat aufgehen zu sehen, dem berühmtesten Bau des Angkor Komplexes. Der Besuch dieser Anlage war für uns nicht nur einfach so imposant, sondern war auch deswegen speziell, weil es der letzte „große Punkt“ war, der auf unserer Wunschliste stand, als wir am 03.10. unsere Reise starteten.
Die Anlage von Angkor erstreckt sich über eine Fläche, die ein bisschen kleiner ist als die Wiener Bezirke innerhalb des Gürtels, und darauf befinden und befanden sich über 1000 Tempel, Verwaltungs- und Wohngebäude. Heutzutage sind für das gewöhnliche Auge nur noch die Sakralbauten sichtbar, da ausschließlich diese aus Stein gebaut wurden. Entstanden sind die verschiedenen Strukturen zwischen dem neunten und fünfzehnten Jahrhundert, und obwohl Angkor danach verlassen wurde, wurden manche Tempel (allen voran Angkor Wat) bis heute durchgehend benutzt.
Nachdem wir einige Tage in Siem Reap blieben, entschlossen wir uns dazu, einen 3-Tagespass für den Besuch von Angkor zu kaufen, und unsere Erkundung mit einer Sonnenaufgangstour zu beginnen, die von unserem Hostel angeboten wurde. Um 4 Uhr läuteten unsere Wecker, und die Hanni hat ihren sogar gehört, wodurch wir es pünktlich zum Treffpunkt schafften. Schon auf dem Weg zum Tempel wurde uns klar, dass wir nicht die einzigen waren, die den Sonnenaufgang and diesem speziellen Ort sehen wollten, und als wir dort ankamen, bestätigte sich das noch weiter: Mit uns standen hunderte weitere in der langsam brechenden Dunkelheit bereit, um sich das Naturschauspiel anzusehen. Über die nächsten 45 Minuten erhob sich langsam die Sonne hinter Angkor Wat, und so erschien der Tempel langsam in seiner vollen Pracht vor uns.
Als es vollends hell war, begannen wir mit der Besichtigung, und wie sich herausstellte waren die knapp 1h30, die uns dafür noch gegeben waren, weit nicht genug.
Angkor Wat, erbaut im 12. Jahrhundert, erstreckt sich auf 1.6 kmˆ2, ist umringt von einem Wassergraben mit 200m Durchmesser, und laut Guiness die größte religiöse Struktur der Welt. Tempel in Angkor, so auch dieser, sind oft nach einem Drei-Ebenen-Modell aufgebaut, wobei „gewöhnliche“ Leute nur auf die erste durften, und die höheren Stufen progressiv exklusiver wurden. Auf der innersten Ebene stehen meist 5, in einem Würfelmuster (Quincunx) angelegten, Türme in Lotusform, die den Berg Meru, Heimat einer gewissen Art von göttlichen Wesen darstellen sollen. Aufstieg auf diesen ist zwar mittlerweile allen erlaubt, aber immer noch sehr schwierig, da die Erbauer:innen durch sehr steile Stiegen die Herausforderung in den Himmel zu kommen symbolisierten.
Neben der Tempelanlage an sich beherbergt Angkor Wat noch ein anderes Highlight, für das wir bei unserem ersten Besuch leider nicht genug Zeit hatten: Basreliefe, die auf einer Länge von rund 800 Metern die Außenmauer der 2. Ebene schmücken, und kunstvoll historische wie mythologische Gegebenheiten abbilden. Eines der bekanntesten Relief ist jenes, welches das „Quirlen des Milchozeans“, ein Teil des hinduistischen Schöpfungsmythos, zeigt, und in Angkor sehr oft zu sehen ist (Ebenso wie Naga, eine siebenköpfige Schlange, die eine Schlüsselrolle in der Entstehungsgeschichte Kambodschas spielt).
Nach einem hastig getrunkenen Kaffee begaben wir uns wieder zu unserem TukTuk und machten uns auf den Weg zum Bayon-Tempel, dem Mittelpunkt von Angkor Thom, der größten Stadt von Angkor. Auf 9kmˆ2 angelegt, ebenfalls von Mauer und Wassergraben umgeben befand sich hier von Ende des 12. Jahrhunderts bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts die Hauptstadt des Khmer Reiches. Zwischen achtzig- und hundertfünfzigtausend Menschen aus privilegierten sozialen Klassen und deren Diener:innen sollen hier gewohnt haben.
Erbaut ebenfalls gegen Ende des 12. Jahrhunderts, und genau in der Mitte der verlassenen Stadt, steht der Bayon-Tempel. Ähnlich angelegt wie Angkor Wat, jedoch um einiges kleiner (aber immer noch sehr groß), beherbergt er auch eine große Zahl an sehr kunstvollen Basreliefs. Sein bekanntestes Merkmal sind aber die hunderten Gesichter, die die Türme der Anlage schmücken, und deren genauer Hintergrund bis heute nicht bekannt ist
In der Nähe von Bayon befinden sich weitere sehr eindrucksvolle Gebäude, die wir auch erst bei unserem dritten Besuch der Anlage zu sehen bekamen. Dazu gehören die „Elephantenterrasse“, der Tempelberg „Baphuon“, und Reste von anderen Sakralbauten der alten Palastanlage.
Nachdem wir die zwei berühmtesten Bauwerke von Angkor gesehen hatten, machten wir uns auf nach Ta Keo, ein Tempelberg der knapp um 1000 erbaut wurde. Die Dekorationen des Tempels wurden nie fertiggestellt, einer Geschichte nach, weil er während den Bauarbeiten von einem Blitz getroffen wurde, und seitdem als verflucht galt.
Unser nächster Stopp war Ta Prohm, eine weitere Tempelanlage. Erbaut in 1186, wurde bei der Freilegung von Angkor zu Beginn des 20. Jahrhunderts beschlossen, diese Stätte nur von niedrigen Büschen zu befreien, und Bäume, die die Strukturen nicht unmittelbar gefährden, stehen zu lassen. Durch diese Maßnahmen erscheint Ta Prohm heute wildromantisch, wodurch es neben Angkor Wat und dem Bayon heutzutage eines der meistbesuchten Anlagen ist. Bekannt ist es auch durch den Film „Tomb Raider“, da manche Szenen hier gedreht wurden.
Den letzten Halt des Tages machten wir bei Banteay Kdei, ebenfalls ein verwachsener Tempel, der im 12. oder 13. Jahrhundert errichtet wurde.
Nachdem wir auch diese Stätte erkundet hatten, machten wir uns mit dem TukTuk auf den Weg zurück in unsere Unterkunft. Von dem frühen Aufstehen und dem intensiven Sightseeing ausreichend erschöpft, verbrachten wir den Nachmittag mit Ausruhen, und entschlossen uns dazu, am 01. die Sonnenuntergangstour um die „große Runde“ zu machen (Geführte Touren machen oft entweder die kleine Runde, die wir am 30. erledigten, oder die große Runde. Beide Touren zusammengenommen decken die Hauptattraktionen von Angkor ab).
Obwohl die Tour als „Sonnenuntergangstour“ bezeichnet wurde, startete sie bereits um 11 Uhr, und wir schafften es nach einer längeren Sylvesternacht gerade rechtzeitig mit unserem Brunch fertig zu werden. Auch wenn uns die insgesamt 8 Stunden, mit denen das Programm ausgeschrieben war, inital sehr üppig vorkamen, stellte sich schnell heraus, dass die Zeit gerade ausreichte, um die besuchten Objekte zu erkunden.
Gestartet wurde bei Pre Rup, einem Tempel, auf dessen obersten Ebene, ähnlich wie bei Angkor Wat, 5 Lotustürme in Würfelformation stehen, der jedoch knapp 200 Jahre früher erbaut wurde (um 960 herum).
Der zweite Stopp war beim östlichen Mebon, einem weiteren Tempel, der früher in einem der zahlreichen Stauseen lag, und besonders für seine Elephantenskulpturen bekannt ist.
Nach einem kurzen Halt bei Ta Som, einem weiteren ehemaligen Tempel aus dem Ende des 12. Jahrhunderts, begaben wir uns zu dem imposanten „Jayatataka Baray“, einem Wasserreservoir, welches von den Khmer angelegt wurde, nach ihrem Niedergang austrocknete, und erst vor wenigen Jahren wieder gefüllt wurde. Was daran besonders beeindruckend ist: dies geschah und geschieht mit Hilfe des antiken Wassersystemes, welches durch Restauration wieder instand gesetzt werden konnte. Der Zweck dieser Reservoirs ist nicht genau bekannt, aber wahrscheinlich dienten sie zur Einspeisung von Wassergräben und zur Bewässerung der Reisfelder, die ein riesiges urbanes Gebiet rund um Angkor versorgten (größer als das heutige Berlin). Man sieht: Auch auf der den Mayas gegenüberliegenden Seite der Welt spielte Trinkwasser eine wichtige Rolle.
Im Zentrum des Jayatataka Baray befindet sich „Neak Pean“, ein weiterer Tempel, auf einer künstliche Insel, die heutzutage mittels Steg erreichbar ist. Neak Pean besteht wiederum aus einem Tempelgebäude auf einer künstlichen Insel in einem Teich, der vier weitere, daran anschließende Teiche speist, und diente früher vermutlich als Wassererholungsort für Kranke, sozusagen ein Vorgänger von modernen SPA-Thermen.
Der vorletzte Stopp des Tages war Preah Khan, ein weiterer Tempel aus dem 12. Jahrhundert. Preah Khan ist auch eine sehr große Anlage, die vermutlich die Funktion einer buddhistischen Universität mit Campus hatte, und in ihrer Höchstzeit bis zu 100 000 Menschen beherbergt haben soll. Spannend an dem Tempel ist, dass er eine sowohl buddhistische als auch hinduistische Merkmale trägt, so werden zum Beispiel drei der vier Eingangswege nach hinduistischem Stil zur Mitte hin immer kleiner, während der letzte im buddhistischen Stil gleich groß bleibt (Bis heute ist nicht ganz klar, wie sich das Zusammenleben von Hinduismus und Buddhismus im Angkor Reich gestaltet hat. Es gab hinduistische und buddhistische Herrscher, die auf der einen Seite Stätten des anderen Glaubens schleifen ließen, aber auf der anderen Seite diesen in ihre eigenen Bauten inkludierten). Ein weiteres besonderes Objekt in Preah Khan ist das einzige Haus von Angkor, welches zwei Etagen hat, dass es keine Stufen ins Obergeschoß gibt macht das ganze nur mysteriöser.
Als wir die Anlage verließen, merkten wir, dass die Sonne bereits begann sich zu senken, und so machten wir uns schlussendlich auf nach Phnom Bakheng, um von dort aus den Sonnenuntergang zu betrachten. Der Tempel aus dem 9. Jahrhundert hat die Form eines Tempelberges, auf dem ursprünglich 108 kleine Türme standen, und auf dessen obersten Etage finden sich, ähnlich zu vielen anderen Sakralbauten in Angkor, fünf Türme im Würfelmuster. So wie zwei Tage zuvor beim Sonnenaufgang waren wir auch diesmal bei weitem nicht die einzigen, die diese Idee hatten, was aber der Schönheit des Ausblickes glücklicherweise nicht schadete. Wir hatten einen wunderbaren Blick auf Angkor Wat (welches doch relativ weit weg ist) und auf das westliche Wasserreservoir, das größte der Tempel von Angkor.
Müde, hungrig, und sehr zufrieden kehrten wir in unser Hostel zurück, um uns vom Tag zu erholen, und für den nächsten fit zu machen.
Am 02. Jänner besuchten wir (unter anderem) das „Angkor National Museum“, welches einen an die Geschichte des Khmer Reiches, Buddhismus, Hinduismus, und die Anlage von Angkor heranführt.
Zum Abschluss unserer Angkor-Erkundung mieteten wir uns am 03. einen Motoroller, mit dem wir nach Angkor Wat zurückkehrten, um uns die Basreliefs noch einmal genau anzuschauen, und den Tempel noch einmal in seiner vollen Pracht auf uns wirken zu lassen.
Geheimtipp von zwei Reiseprofis: Wenn man sich den Roller beim anmieten erklären lässt, spart man sich, später Personen am Parkplatz um Hilfe zu bitten!
Unser zweiter Stopp war Angkor Thom, in welchem wir uns diesmal die Gebäude abseits des Bayons anschauten, wie eben die Elephantenterrasse und das Baphuon.
Schlussendlich verabschiedeten wir uns ein letztes Mal vom Angkor Komplex, und trennten uns beim Hotel für den Rest des Tages. Während Hanni die gemachten Eindrücke am Pool Revue passieren ließ, machte Anton sich auf zu Phnom Krom, einem Hügel südlich von Siem Reap. Auf dieser Anhöhe (die sich offiziell nur mit einem Angkor Ticket besuchen lässt) befindet sich nicht nur ein weiterer Tempel, sondern auch der Hotspot für (hauptsächlich einheimische) Sonnenuntergangsliebhaber:innen (Sonnenaufgangsliebhaber:innen wahrscheinlich auch). Man hat praktisch einen 360 Grad Blick auf die umliegenden Dörfer und Reisfelder, und in der Ferne sieht man den größten See Südostasiens, den Tonlé Sap, glitzern. Der Blick von hier, und der Rückweg durch die Felder, die von der untergehenden Sonne beleuchtet wurden, waren ein würdiger Schlusspunkt unseres Besuches von Angkor.
Zum Abschluss wieder ein Tipp für zukünftige Besuchende: Generell sollte man, wenn man die Zeit hat, als erstes das Nationalmusem von Angkor besuchen. Es erklärt die wichtigsten Hintergründe, wie zum Beispiel die Legende des Quirlen des Milchozeans, und so kann man sich auf gewisse Dinge in Angkor (schneller) einen Reim machen. Sowohl den Sonnenauf- als auch den Sonnenuntergang fanden wir beide ehrlich gesagt überbewertet, beim Sonnenaufgang kommt auch noch dazu, dass man die zwei bekanntesten Tempel von Angkor mit einem massiven Schlafdefizit besucht (außer man passt in den Tagen seinen Rhythmus auf 04:00 aufstehen an). Von Phnom Krom aus hat man einen sehr schönen Sonnenuntergang, mit dem man sich gut nach einem Tag voll Sightseeing belohnen kann (Passend dazu gibt es auf dem Hügel auch Getränke und Snacks zu kaufen, etwas das es auf Phnom Bakheng nicht gab). Letztlich, und das ist wahrsc