Chichén Itzá
Nachdem wir also Kuba hinter uns gelassen haben, machten wir in Cancún nur kurz halt (der Rezeptionist hat uns durch die Blume zu verstehen gegeben, dass die Stadt ein kulturelles Niemandsland ist), und fuhren gleich weiter nach Tulum, ebenfalls eine Partystadt an der Atlantikküste, aber nahe einer bedeutenden Tempelanlage und etwas zentraler gelegen. Unser erster Ausflug in Mexiko war direkt nach Chichén Itzá, der berühmtesten Stadt der Maya.
Im Vorhinein betrachteten wir den Besuch eher als Pflichtpunkt als als wirkliches Highlight, zugegebenermaßen stark beeinflusst durch Onlinereviews, die nicht gerade galant ausfielen – gar nicht so toll, mit aufdringliche Händler:innen und vollgestopft mit Tourist:innen. Was uns dann nach 2 Stunden Busfahrt aber erwartete, deckte sich mit dieser Beschreibung in keinster Weise. Der Eintritt war zugegebenermaßen teuer – bei der Größe des Objekts, der Aufarbeitung, und den daraus resultierenden Kosten der Instandhaltung und Forschung aber durchaus gerechtfertigt –, und jeder freie Fleck war durch Marktstände belegt, diese störten aber das Erlebnis nicht substantiell.
Die Ausgrabungsstätte an sich ist beeindruckend, und war ein würdiger Einstieg in die Hochkultur, die sich über die Grenzen der Yucatanhalbinsel für mehr als 1500 Jahre erstreckte (ca 900vC bis 900nC, Chichen Itza hatte seine größte Bedeutung gegen Ende der Blütezeit). Zentrales Element des Gelände war die – frei Übersetzt – heilige Quelle. Deren Wichtigkeit erklärt sich darin, dass die Yucatan-Halbinsel in den oberen Schichten aus Kalkstein besteht. Dadurch versickert sämtlicher Regen sofort im porösen Gestein, und keine Flüsse beziehungsweise Seen können entstehen. Die Maya waren dadurch auf diese unterirdischen Wasserreservoirs angewiesen um an Trinkwasser zu gelangen.
Um die Ergiebigkeit der „Cenotes“ zu erhalten, wurde zu deren Huldigung um die größte bekannte eine Vielzahl an Sakralbauten gebaut, von denen die bekanntesten das „Castillo“ und der große Ballspielplatz sind (Je nach Interpretation wurde nach dem Spiel die Gewinner- oder Verlierermannschaft geopfert, vielleicht auch nur deren Kapitän).
Eine weitere Methode, um das Versickern der Wasserstellen zu verhindern, waren Opfergaben, die in die heilige Quelle geworfen wurden. Zu Beginn des 20. Jahrhundert wurden viele dieser Objekte mittels eines primitiven Schaufelbaggers von Edward Thompson leider nur stümperhaft geborgen und danach in die USA geschickt, alles wurde aber (glücklicherweise) nicht entdeckt. Die Funde von späteren Aufarbeitungen zeigten einerseits, dass die Maya bereits Fernhandel betrieben, und andererseits, dass diese nicht, wie ursprünglich angenommen, ein friedliches Volk, dass sich vollends auf die Mathematik konzentrierte, waren (eine der wenigen Kulturen, denen die „0“ bekannt war), sondern man auch auf der Yucatan-Halbinsel vor Menschenopfern nicht zurückschreckte. Die regionale Hegemonie ermöglichte den Hohepriester:innen, eventuelle interne Dispute bei der Auswahl der nächsten Opfer zu vermeiden, und stattdessen Gefangenen diesen ehrenvollen Tod zu ermöglichen. Ein bitterer Beigeschmack bleibt beim Besuch der Anlage aber leider: Es fühlte sich doch komisch an, als Person, die von der Conquista indirekt profitiert, diesen Ort zu besuchen, der aufgrund der Conquista nun nur noch Museum ist, und von unzähligen indigenen Einwohnern Nippes angeboten zu bekommen, deren Schicksal durch die Conquista nicht unwesentlich bestimmt wurde. Nachdem wir aber, im Unterschied zu früher, Geld hinbringen, ist Chichén Itzá unserer Meinung nach ein Pflichtpunkt der Region.