Das heilige Tal im (zu)Schnelldurchlauf

Da unsere Tage in Cusco leider nur sehr begrenzt waren, und es dort so viel zu sehen gibt, haben wir uns dazu entschlossen, an einem Tag eine „Alles-in-einem+Mittagessen+Handarbeitsshows“ Touristenfahrt durch das heilige Tal zu buchen.

Hanni und Anton in Písac

Nachdem ein relativ ordentliches Programm vorgegeben wurde, wurden wir um 06:40 von unserem Hotel abgeholt, und zu einem Treffpunkt gebracht, wo unser Guide uns an eine anderen Gruppenleitung übergab, die uns wenig später wiederum in einen Kleinbus steckte (Touristengruppenökonomie ist wahrscheinlich auch einen eignen Lehrstuhl an einer größeren lateinamerikanischen Universität wert).

Unser erster Halt war bei einer lokalen Manufaktur für Alpakatextilien, bei der wir eine kurze Einführung in die Produktion dieser begehrten Ware bekamen, präsentiert mit der Euphorie, die man nur ausstrahlen kann, wenn man eine Show für 20 Jahre 5 Mal am Tag macht.

Hanni im Textilgeschäft

Bei der anschließenden Gelegenheit zum Einkauf separierten sich nicht nur Backpacker mit wenig Platz im Gepäck und normale Touristen, sondern auch Morgenmenschen (am feilschen) und Nachteulen (um den Kaffeestand gescharrt). Beim Aufbruch kristallisierte sich bereits eines der Leitmotive der Tour heraus: Die Leitung jedes Kleinbusses versuchte seine „Herde“ nach Ablauf der zu Verfügung gestellten Zeit möglichst schnell in das Transportmittel zu bewegen, um vor den anderen Bussen starten zu können.

Nur wenige Kilometer weiter besuchten wir die erste antike Stätte unseres Ausfluges, Chinchero. Dort befand sich ein Palast der Inka, auf dessen Ruinen jetzt eine Kirche steht, und davor Terassen, von denen man einen wunderschönen Blick in ein Tal der Anden hat, dem entlang sich der Weg nach Machu Picchu zieht. Die Nerven unseres Guides wurden hier bereits geprüft, als sich zuerst ein Teil der Gruppe anfänglich weigerte, eine Eintrittskarte zu kaufen, und dann zum Schluss ein Pärchen den vereinbarten Treffpunkt nicht einhielt. Als schlussendlich alle im Bus waren machten wir uns auf zu unserem dritten Ziel, eine Verkaufsshow für Salz aus Maras.

Der Blick ins Tal nach Machu Picchu von Chinchero aus

Über Salzgewinnung aus Salzwasser kann man wenig überraschend gar nicht so viel erzählen, was uns jedoch überrascht hat war, wie viele verschiedene Variationen von Natrumchlorid man verkaufen kann. Nach einem unerwartet langem Einkaufsstop wurde der Bus ohne größere Probleme beladen, und wir fuhren zum Ort der Herkunft des Salzes, den Salzminen von Maras.

Kurz bevor wir diese erreichten, gab uns die Touristengruppenökonomie wieder ein Rätsel auf: Der Eintritt zu den Salzminen, die wirklich wunderschön zum Anschauen sind, betrug einen Bruchteil der Kosten der eigentlichen Tour, trotzdem entschied sich knapp die Hälfte unserer Gruppe dazu in einem Raum kurz vor den Minen zu warten. Hatten wir einen so schlechten Deal, und eigentlich war das Verhältnis der Preise umgekehrt? Kalkulierten die Leute mit so einem engen Budget? Protestierten sie gegen eine uns unbekannte Salzmafia?

So oder so, nach wenigen weiteren Minuten erreichten wir die Minen, und der Anblick war einfach wunderschön. Man muss dazu erwähnen, dass „Mine“ hier nicht einen Stollen im Berg meint, sondern ein ca 15cm tiefes Becken, in das wiederholt salzhaltiges Wasser, welches dem Berg entspringt, geleitet wird, welches dann verdampft, und nur Salz zurück lässt. Von einer technischen Perspektive auch beeindruckend ist nicht nur, dass die Strukturen (siehe Bild) nur von einer einzigen Quelle gespeist werden, die durch ein gefinkeltes Kanalsystem zu jedem einzelnen Becken geleitet werden kann, sondern auch, dass das ganze bereits vor den Inkas gebaut wurde, also mindestens 1000 Jahre alt ist.

Die Salzminen von Maras

Im Bus auf den Weg zu unserem nächsten Stopp wurden wir von einer freundlichen lokalen Schnapsverkäuferin begleitet, die uns allen eine Kostprobe gab, und dann gleich verschiedenste Pakete zum Kauf anbot (wie eigentlich alle lokalen Lebensmittel scheinen diese Schnapsvariationen sowohl gegen Höhenkrankheit zu helfen, als auch für den Ausflug nach Machu Picchu zu stärken).

Angekommen in Moray konnten wir ein Bauwerk bewundern, welches von den Inkas vermutlich als Pflanzenzuchtlabor genutzt wurde. In konzentrischen Kreisen stufen sich hier Terrassen in die Tiefe, es wird spekuliert, dass dies der progressiven Windabschirmung diente, um so verschiedene Mikrokklimata zu erschaffen. Hier setzte unser Leitmotiv wieder ein, als auf dem gemeinsamen Weg zurück eine ältere Dame abhanden kam, die unser Guide dann, sichtlich nervös, wieder suchen musste.

Das vermutliche Pflanzenlabor von Moray

Der Grund für diese Nervosität erschloss sich im Anschluss: alle Touren durch das Tal scheinen bei einem Megerestaurant halt zu machen, welches knapp 700 Personen am Tag an einem Buffet entlang schleust. Nachdem dieses auf nur einer Zeile angelegt ist, ist es natürlich essenziell, so früh wie möglich da zu sein, da jede frühere Gruppe circa 10 Minuten Wartezeit verursacht. Trotz vorheriger Verzögerungen waren wir eigentlich relativ früh dran, leider verpasste bei diesem Halt (mit überraschend annehmbaren Essen) aber eine Familie den Anschluss, woraufhin wir abermals warten mussten, während unser Guide versuchte, sie zu möglichst schnellem Aufessen zu bewegen.

Der vorletzte historische Stopp unserer Tour war Ollentaytambo, und er sollte sich als das Waterloo unserer Tour erweisen. Doch zuerst etwas zu der Stätte an sich: begonnen von einem Stamm vor den Inkas wurde der Komplex von diesen erweitert, und besteht nun aus mehreren ehemals vermutlich militärischen Gebäuden und einem Tempel, welcher aber leider nie fertiggestellt wurde.

Blick vom Fuße des Aufganges zum Sonnentempel

Besagter Tempel befindet sich auf der Spitze eine Hügels, und dessen Konstruktion ist ein Zeugnis der Fähigkeiten der Inka: Die Steine, mehrere Meter hoch und Tonnen schwer, wurden auf der gegenüberliegenden Seite des Tales ohne Eisenwerkzeug aus dem Felsen gebrochen. Danach wurden sie auf Rundhölzer geladen und durch ein ausgetrocknetes Flussbett auf eine kleine Insel geschoben und gezogen. War diese Insel einmal voll, wurde der Fluss von der einen Seite der Insel auf das ausgetrocknete Flussbett umgeleitet, sodass nun der Weg frei war, um das letzte Hindernis zu überwinden: 50 Höhenmeter. Um dies zu erreichen, wurde eine gigantische Rampe angelegt, um eine Steigung zu schaffen, die einen manuellen Transport möglich machte.

Anton vor einem der gewaltigen Steinen

Am Fuße dieser gewaltigen Konstruktion ermahnte uns unser Guide bereits zwei Mal: Man muss nicht mit ihm hinauf gehen, aber so oder so ist es dringend nötig, dass sich bitte alle in 20 Minuten beim Ausgang einfinden. Während dem Aufstieg konnten wir bereits ein Gespräch überhören, bei dem er sich mit einem anderen Führer darüber austauschte, dass sie Angst hätten, es heute nicht mehr nach Hause zu schaffen, und dementsprechend stieg auch unser Wunsch, es pünktlich zum Treffpunkt zu schaffen. Besagte zwanzig Minuten später fanden wir uns wie befohlen zusammen, leider aber war eine Mitreisende nicht Vorort. Dies erkennend übertrug unser Guide einem unserer Mitreisenden die Verantwortung, uns zum Auto zu führen, und begab sich auf die Suche. Einmal in der Nähe der Autos, erkannten wir schnell einen der Gründe für die Eile: Alle Touren, die an diesem Tag im heiligen Tal unterwegs waren, waren in Ollentaytambo, und alle waren bereits dabei, sich auf der einspurigen Straße auf den Weg aus dem Ort zu machen. Nach ca 15 Minuten kam unser Guide endlich, durchgeschwitzt, mit der abgängigen Person an, ermahnte sie noch einmal, sich bitte an den Zeitplan zu halten, und wir konnten uns schlussendlich auf den Weg zum vorletzten Ziel, Písac, machen.

Dort angekommen eröffnete sich uns ein weiterer Grund für die an den Tag gelegte Eile: Unser Bus schliff sich knapp um 17:40 Vorort ein, circa 20 Minuten bevor die Stätte ihre Tore schloss, was bei einer 10-Stündigen Tour mit 15 Teilnehmenden vergleichbar ist mit aus 3 Metern blind auf eine Dartsscheibe zu werfen. So oder so, wir waren nun da, und wie wir feststellten zahlte sich sämtliche Eile bis hierhin aus. Die antike Festung dehnt sich auf einer Fläche größer als Machu Picchu aus und ist pittoresk gelegen auf einem Kamm in den Eingang eines Tales, das sich uns in dem untergehenden Sonnenuntergang malerisch eröffnete. Wir strawanzten noch schnell durch einen Teil der Festung, bevor wir uns zum Bus begaben und auf den Weg zu der letzten Station, einer Silberwerkstatt machten. Hier wurde uns auch ein weiteres Mal der Nachteil dieser All-in-One Tour bewusst: wir hatten bei weitem nicht so viel Zeit wie wir gerne gehabt hätten, um die Festung zu erkunden, und etwas abgelegenere Bauten zu sehen. Im Nachhinein wäre es wahrscheinlich sinnvoller gewesen, die Tour auf zumindest zwei Tage aufzuteilen, um am ersten Chinchero, Ollantaytambo und Písac und am zweiten Moray und Maras zu sehen. Eine andere Option wäre auch gewesen, sich überhaupt mehrere Tage im Heiligen Tal aufzuhalten, und dann von Ollentaytambo direkt den Zug nach Machu Picchu zu nehmen.

Der Blick in das Tal von Písac aus

Zum Abschluss unserer Fahrt wohnten wir noch einmal einer Handarbeitsvorführung mit anschließenden Kaufmöglichkeiten bei. Ein sehr reichlich beschmückter Silberhändler erzählte uns über die verschiedenen Edelsteine, die sie in ihren Schmuck einbauten, und demonstrierte mit Hilfe einer Plasmakugel, wie sie negative Energie absorbieren konnten – wir waren nicht ganz überzeugt. Außerdem gab es ein relativ komplexes Horoskop, welches Personen Eigenschaften und Energiesteine zuordnete, wobei jedem Geburtsmonat so viele Charakterzüge zugeordnet waren, dass es schwieriger war, nichts zu einem passendes zu finden.

Nach dem Abschluss dieser Station begaben wir uns, bereits sehr müde, aber hochzufrieden zum letzten Mal in unseren Bus, um unseren Heimweg nach Cusco anzutreten.