In und um Pakse
Unser erster Halt im Süden von Laos war Pakse, die größte Stadt der Region. Wie viele andere Provinzhauptstädte ist Pakse nicht unbedingt für die Dinge innerhalb seiner Stadtgrenzen bekannt, sondern dient eher als Basis für die Erkundung der umliegenden Natur und traditionellen Dörfer.
Nach einer anstrengenden Nachtbusfahrt (wir haben wieder einmal einen neuen Typen von Liegebus kennengelernt, und dieser war definitiv nicht auf Personen über 180cm ausgelegt), der dazugehörigen Erholung, und einer längeren Suche nach einem Motorrad (wie in Luang Prabang sind diese hier anscheinend auch ein rares Gut), entschieden wir uns spontan dazu Don Kho, eine kleine Fischerinsel im Norden zu besuchen.
Nach einer 40-Minütigen Rollerfahrt kamen wir beim „Ban Saphay Handarbeitszentrum“ an, wo wir einparkten und uns direkt mit dem Fährenarbeiter anfreundeten (der Witz „Anton knallt seinen Kopf gegen die nicht-für-große-Leute-angelegte-Architektur“ zieht einfach überall). Kurz gewartet wurden wir auch direkt vom Fährmann abgeholt, der uns übersetzte und uns voller Vertrauen erklärte, dass wir erst bei der Rückfahrt zahlen müssten.
Wir wurden beim Tempel abgesetzt und starteten von dort unseren Spaziergang um die Insel. Auch hier gibt es keine großen Ausgrabungen oder atemberaubende Wasserfälle zu bestaunen, sondern der Reiz besteht alleinig daraus, herumzuschlendern und die Atmosphäre einzuatmen. Abseits der touristischen Pfade, ist Don Kho kein Freilichtmuseum, bei dem man Präsentationen von „Fischernetze flicken“ oder „Weben“ bekommt, sondern es geschieht hier als Teil des täglichen Handwerkes, und man würde komische Blicke zugeworfen bekommen, wenn man zu lange starrt, ähnlich wie wenn uns jemand beim Arbeiten aufdringlich beobachten würde. Das bedeutet aber nicht, dass die Leute hier unfreundlich sind, ganz im Gegenteil wird man beim Vorbeigehen immer sehr nett gegrüßt.
Nachdem wir mit unserer Erkundung fertig waren, begaben wir uns mittels Boot zurück zum Parkplatz und dann motorisiert weiter nach Pakse.
Wir beschlossen, am nächsten Tag die Wasserfälle der Umgebung zu besuchen, und fragten beim Rollerverleih den anwesenden Mitarbeiter, ob wir den Vertrag noch dementsprechend verlängern könnten. Dieser war aber offensichtlich mit den Gedanken schon ganz wo anders, und nachdem er unsere Fragen nur lapidar mit „Ja – ja – bringts den Vertrag einfach morgen mit, dann schreib ich das drauf“ abfertigte, offenbarte er uns auch, wo: In der Stadt fand nicht nur ein Konzert statt, sondern es war auch Grande Finale der „Besucht Laos Festwoche“, die mit einem Festival-trifft-Nachtmarkt beendet wurde, und wer dort nicht war hat eigentlich nicht gelebt.
Dementsprechend motiviert beschlossen wir, nach einem kurzen Halt im Hotel und einem Abendessen unterwegs, den Nachtmarkt natürlich auch zu besuchen, und starteten motiviert in den Abend. Wie sich aber herausstellte, hatte unser Plan ein entscheidendes Problem: Da dieser Nachtmarkt tatsächlich der Besuchendenmagnet der Stadt war, machte es für die lokale Gastronomie nur wenig Sinn, parallel dazu offen zu haben, und so schleppten wir uns eine halbe Stunde durch verlassene Straßen, bis wir endlich den Markt erreichten. Festival-trifft-Nachtmarkt in Pakse stellte sich als das tropische Äquivalent zu einem Feuerwehrfest heraus (ohne der Blaulichtdisco), bei dem man bei Ständen Essen, billiges Bier und Versicherungen kaufen kann, sich dann auf Strohballen(bzw Quader?) setzt, lokalen Musikstars zuhört und Konversation führt. Was wir dort merkten: Der heiße Scheiß ist außer uns zu wenigen anderen Tourist:innen durchgedrungen, und so wurden wir überall interessiert beäugt und vermutlich sind wir auf dem einen oder andern Schnapschuss drauf. Positiver Effekt: Wir mussten nicht lange nach einem Heuballen suchen, obwohl alle natürlich schon längst besetzt waren. Drei junge Erwachsene machten uns sehr gerne Platz, und nach anfänglichen Berührungsängsten begann eine Konversation über Google Translate. Aber auch wenn dieses moderne Hexenwerk sehr praktisch war, war der Hauptgegenstand des interkulturellen Austausches etwas anderes, viel älteres: Vergorener Gerstensaft. Nachdem sie uns sehr freundlich auf ihr Bier einluden, besorgten wir die zweite Runde, womit das Eis endgültig gebrochen war, und wir bekamen eine Demonstration der lokalen Trinkfestigkeit: Einschenken – Anstoßen – In einem Zug austrinken – Anstoßen – Und wieder von neuem. Glücklicherweise wurde das Bier mit Eis (und Strohhalm) getrunken, so war dann der allgemeine Durchsatz auch für uns ältere Semester ertragbar (Outing von Anton: Bei den Temperaturen und bei dem Bier sind Eiswürfel darin die bessere Option: Erstens nimmt man dadurch mehr Flüssigkeit zu sich, und zweitens ist das Bier eh so süffig, dass es keinen wirklichen Kerngeschmack gibt, den man sich verwässert). Nach einigen Runden davon traten wir leicht fluchtartig die Heimfahrt an, mit dem Verweis, dass wir morgen früh aufmussten, und fuhren mit der lokalen Variation des TukTuks zurück zum Hotel.
Am nächsten Tag standen wir gut erholt auf, setzten uns aufs Motorrad, und rollten zum Frühstück, um uns dann ans Programm des Tages zu machen: Vier Wasserfälle auf dem Bolaven-Plateau, circa eine Stunde von Pakse entfernt.
Ohne Zwischenfälle erreichten wir den „Tad Fane“ Fall, sicherlich den beeindruckendsten unserer Tagestour. Aus ca 120 Metern Höhe ergießen sich zwei Wasserströme in die Tiefe, deren Boden man von der Aussichtsplatform aus nicht sehen kann. Will man dies tun, kann man eine Seilrutschentour um den Kessel machen, bei der man in vier Stopps den Wasserfall umrundet. Spontan entschlossen wir uns dazu, und wenig später flogen wir in aberwitziger Höhe über das Plateau.
Nach einer knappen halben Stunde kamen wir wieder am Ausganspunkt an, stiegen auf den Motoroller, und machten uns auf den Weg zum „Tad Yuang“, dem nächsten Halt unserer Rundfahrt.
Der „Tad Yuang“ ist der touristisch am erschlossenste, und da wir schon Hunger hatten, machten wir zuerst einmal beim lokalen Restaurant Halt. Frisch gestärkt stiegen wir dann in den Kessel ab, um den Wasserfall von unten zu betrachten, und endlich einmal wieder schwimmen zu gehen. Auch wenn er nicht so hoch wie der „Tad Fane“ sein mag, ist er nichtsdestotrotz sehr schön, mit mehreren Strömen, die in die Tiefen stürzen. In der Trockenzeit kann man in seinem Auffangbecken herrlich schwimmen gehen und sich von den Wassermassen berieseln lassen, was wir natürlich taten.
Auch oberhalb der Absturzkante gibt es einen Bereich zur Erholung, der von vielen Leuten zum Picknicken und im Wasser spielen genutzt wird. Nachdem der Fluss gerade sehr ruhig war, konnte man ohne Sorge bis nahe an den Fall gehen und über die Kante hinunter spernzeln.
Immer noch voll Energie beschlossen wir den „Tad Champee“ Fall aufzusuchen, der nur wenige Minuten vom „Tad Yuang“ entfernt war – so dachten wir. Wie sich herausstellte, war die Straße, die vom Hauptverkehrsweg zum Wasserfall führte, gerade in Bau, weshalb unser Weg dorthin großteils einfach ein Sandbett war, und es verlangte uns einiges ab, mit einem Stadtroller mit Stadtreifen, der noch dazu zwei Personen tragen musste, den Fall zu erreichen. Der „Tad Champee“ war zwar kleiner als die beiden vorherigen Wasserfälle, aber auch nicht so touristisch erschlossen, und so teilten wir uns mit ein paar anderen Reisenden den Teich, in den sich eine relativ große Wassermasse ergoss.
Wir schwammen ein paar Runden, entspannten in der Sonne, und noch bevor ihr Untergang einsetzte machten wir uns auf den Weg, um vor unserer Heimkehr noch den „E-Tu“ Wasserfall sehen zu können. Die Rückkehr zur Hauptstraße stellte sich wie erwartet als relativ schwierig heraus, und konnte nur durch ein paar Zu-Fuß-Passagen bewältigt werden, aber auch die Abzweigung zu „E-Tu“ war alles andere als ein Zuckerschlecken – offensichtlich ging der größere Teil der regionalen Investitionen an die beiden Wasserfälle, die wir zu Beginn unserer Rundfahrt besuchten. Dort angekommen erwartete uns der gespenstigste Wasserfall des Tages: Um diesen herum wurde vor einigen Jahren ein Resort gebaut, dass aber mittlerweile verlassen wurde, und so bahnt man sich zwischen verfallenen Häusern und zugewachsenen Treppen seinen Weg hinunter zum Wasserfall.
Auch dieser war sehr schön zum Ansehen, und wir hätten dort sicher auch noch gut schwimmen können, aber leider war der Tag schon zu fortgeschritten, und so machten wir uns wieder auf den Weg durch das Geisterresort zurück nach Pakse, um dort kurz vor Einbruch der Nacht anzukommen. Auf der Fahrt konnten wir einen wunderschönen Sonnenuntergang beobachten, als diese hinter den Schleiern des Smogs immer weiter hinabsank, und den Himmel blutrot färbte.
Unsere Zeit in Pakse hat uns sehr gut gefallen, die Zugänglichkeit der Umgebung war eine willkommene Abwechslung zum Norden des Landes, wo man sich ohne Reiseführer:in kaum aus den Städten hinausbewegen kann.