Phnom Penh – in der Hauptstadt Kamboschas

Auf Anraten von einigen Reisenden, die wir in Kambodscha getroffen haben, sind wir für 3 Nächte nach Phnom Penh gefahren um uns auch die Hauptstadt des Landes näher anzuschauen.

Hanni zwischen Markt und Motorrad

Phnom Penh ist eine Großstadt mit 2,3 Mio Einwohner:innen, und da es erst seit 1865 eine wichtigere Rolle spielt, gibt es dort nicht so viel, wie es zum Beispiel in Quito zu sehen gab.

Unser Hotel, mit Zimmer in 6.Stock (ohne Aufzug, was uns gelehrt hat ja nichts im Zimmer zu vergessen) lag direkt neben dem königlichen Palast. Diesen und das daneben gelegene Nationalmuseum haben wir uns am ersten Tag angeschaut. Sie sind beide sehenswert und interessant und waren ein gutes Puzzlestück zu unserem Gesamtbild von Kambodscha.

Phnom Penh liegt direkt am Wasser. Direkt vor der Stadt treffen der Tonlé Sap, der Mekong, und zwei weitere kleinere Flüsse aufeinander. Dank des Tipps eines britischen Pärchens, welches wir in Kratié kennenlernten, haben wir einen Abend auf einem Boot verbracht und von dort auf den Sonnenuntergang geblickt. Die ganze Fahrt hat 1 ½ Stunden gedauert. Ein englischsprachiger Guide hat uns über die Stadt erzählt, während wir das dazugehörige Freibier genossen haben, welches im Preis inkludiert war. Als die Sonne verschwunden war, sind wir mit vier Bier im Bauch und neuem Wissen im Kopf zu einem Nachtmarkt gefahren, wo wir uns ein gutes Abendessen gegönnt haben.

Hanni und Anton beim Essen am Nachtmarkt

Um Kambodscha als Land besser zu verstehen, haben wir uns an unserem zweiten Tag in Phom Penh mit dem Genozid der „Roten Khmer“ beschäftigt. Die „Roten Khmer“, auch bekannt unter „Khmer Rouge“, der französischen Benennung, waren eine kommunistische Bewegung, an deren Spitze Pol Pot, aka „Bruder Nummer Eins“ stand. Lange Zeit in einen Guerillakrieg gegen die damalige Regierung verwickelt, übernahmen sie 1975 durch die Einnahme von Phnom Penh die Macht in dem Land, und begannen sofort, ihren primitivistischen Ideen folgend, es in einen Agrarstaat umzuwandeln. Sämtliche Großstädte wurden geräumt, ihre Bewohner:innen zu Landarbeit gezwungen, und Personen, die verdächtig erschienen, wurde ermordet, oft zusammen mit ihren Familien. Der drastische Anstieg an Landarbeiter:innen konnte die Absenz von Landmaschinen und Düngemittel (beides durfte nicht mehr genutzt werden), und den Mangel an Expert:innen (jegliche Form von Bildung erhöhte die Chance, von den Khmer Rouge ermordet zu werden) aber bei weitem nicht aufwiegen, und so fielen dem Regime und den durch sie verursachten Hungersnöten um die 2 Millionen Menschen zum Opfer. Ihre Schreckensherrschaft endete so plötzlich wie sie begann, als auf einen versuchter Einmarsch in Vietnam eine Gegenoffensive folgte, die die Machthabenden aus Phnom Penh vertrieb, und eine neue Regierung einsetzte. Pol Pot und sein innerer Kreis flohen nach Thailand, sammelten Kräfte und kehrten später nach Kambodscha zurück, von wo aus sie bis kurz nach seinem Tod 1998 das Land weiter terrorisierten.

Zwei Orte sind populär bei Tourist:innen, um sich in Phom Penh mit diesem schrecklichen Abschnitt der Geschichte Kambodschas auseinanderzusetzen, man findet aber in dem ganzen Land Spuren und Gedenkstätten. Wir haben uns im Vorfeld schon mit der Geschichte Kambodschas beschäftigt, aber nichts hätte uns auf den Besuch dieser Orte vorbereiten können.

Unser erster Halt war das „Tuol-Sleng-Genozid-Museum“, welches in dem ehemaligen Hochsicherheitsgefängnis 21, S-21, errichtet wurde. In dieses Gefängnis kamen Personen, die des Hochverrats verdächtigt wurden, deren Schicksal also bereits besiegelt war, um aus ihnen noch ein Geständnis zu erzwingen, und ihre Hinrichtung somit zu „legitimieren“ (und weitere „Verräter:innen“ zu finden). Von um die 20.000 Personen, die hier eingeliefert wurden, überlebten nur 12, indem sie sich am Tag der Befreiung erfolgreich versteckten. In S-21 konnte man sich die Räumlichkeiten, in denen die Gefangenen eingesperrt, gefoltert und auch „unabsichtlich“ getötet wurden ansehen. Man konnte Fotos von Gefangenen, Getöteten, aber auch von Menschen der Roten Khmer sehen. Ein Audioguide hat sehr anschaulich und vor allem respektvoll viele Informationen über diesen Ort gegeben. Außerhalb der Räumlichkeiten des Gefängnisses, es hab insgesamt vier Gebäude, gab es Bänke, wo man sich setzen und in Ruhe zuhören konnte. Neben Informationen konnte man auch Zeitzeug:innen hören, die ihr leidvolle und unfassbaren Geschichten erzählen. Doch es waren auch Zeitzeugen vor Ort: Zwei Männer, vielleicht Anfang 50, wurden als Kinder aus der Gefangenenschaft befreit, und kommen nun, so wie andere Überlebende, öfter nach Tuol Sleng, um Gespräche zu führen. Sie haben ihre Geschichte niedergeschrieben und verkaufen diese vorort. Dass so junge Männer bei diesen grauenvollen Taten dabei waren hat uns wirklich sehr berührt, und obwohl man weiß, dass sie eigentlich genau dafür da sind, schafften wir es, nach den Grausamkeiten, die wir gerade gesehen hatten, und von denen wir wussten, dass sie sie durchlitten hatten, nicht, mit ihnen ins Gespräch zu kommen.

Ein Gefängsnisbau

Ein Gedenkstein in Tuol Sleng

Der zweite Stopp waren die „Killing Fields“ im Süden der Stadt, wohin die Insassen gebracht wurden, um sie nach ihrem „Geständnis“ zu ermorden. Nachdem der Hinterhof von S-21 nicht mehr ausreichte, um die Leichen zu vergraben, wurde dieser Ort auserkoren, um sich ihrer zu entledigen. Jahrelang wurden hier Gruben ausgegraben, in die die Erschlagenen (Erschießen wäre zu auffällig gewesen) geworfen wurden und bis heute weilt noch ein großer Teil der Körper unter der Erde, da die Bergung aus verschiedenen Gründen nicht möglich ist. Die Stätte ist weiter Gegenstand von Forschung, aber trotz der aktiven Betreuung sieht man während dem Besuch hier und da Knochen und Stoffreste, die nach Unwettern schneller aus der Erde auftauchen, als sie gewissenhaft entfernt werden können. Über das Feld führt ein Pfad, der mit einem, zusammen mit einem Audioguide, an gewissen Stationen verschiedene schreckliche Aspekte der hier stattgefunden Tötungen erklärt.

Ein Gedenkstein bei den Killing Fields

Die Pagode auf den Killing Fields

Nachdem wir auch die Killing Fields physisch hinter uns ließen, versuchten wir noch, uns mit dem Besuch eines Marktes und einem Spaziergang durch das französische Viertel auf andere Gedanken zu bringen, bevor wir in die Unterkunft zurück kehrten, um uns auf unsere Weiterreise nach Koh Rong Sanloem vorzubereiten.

So schrecklich das Gesehene des Tages auch war, fanden wir es trotzdem wichtig, dass wir es gesehen haben, da das Land in dem wir reisten diese Wunden ewig tragen wird, auch wenn sie nicht immer sichtbar sein mögen. Als Wiener:in regt es natürlich auch zum Denken über die Ereignisse in Österreich während des Dritten Reiches an, und auch darüber, ob der Gedenkstein am Morzinplatz den Grauen, die dort passierten, gerecht wird.

Die Sonne geht hinter Phnom Penh unter